Weinbergers Lautmaschinen
Lautmaschinenauswahl
Urslavisch (Reallautung) → Altkirchenslavisch, Salonikislavisch, Slovenisch, Kroatisch, Serbisch, Bulgarisch, Polnisch, Russisch, Urslavisch (Nennlautung)Sprachenkarte
Urslavisch (Morphematik) → Urslavisch (Phonetik) NEU!

Inhalt

1. Allgemeine Informationen
Die hier vorgestellten Lautmaschinen sind eine Software, die einen Input in Form einer Zeichenkette (üblicherweise in Form eines Wortes) entgegennimmt, intern verarbeitet, indem sie ein bestimmtes Regelwerk darauf anwendet, und einen Output – ebenfalls in Form einer Zeichenkette – erzeugt. Bisher stehen neun Lautmaschinen zur Verfügung. Diese generieren aus einem Input des Urslavischen nach Georg Holzer durch Anwendung der entsprechenden Lautgesetze einen Output des Altkirchenslavischen, des Salonikislavischen, des Kroatischen, des Serbischen, des Slovenischen, des Polnischen, des Russischen, des Bulgarischen, und der urslavischen Nennlautung. Sie können über die entsprechenden Links aus der Liste ganz oben auf dieser Seite (Lautmaschinenauswahl) gestartet werden.
1.1. Zielsetzung
Eine Lautmaschine bietet die Möglichkeit, die Gültigkeit von Lautgesetzen zu überprüfen. Dabei ist zu beachten, dass eine Lautmaschine die Lautgesetze prinzipiell konsequent umsetzt und nicht lautgesetzliche Entwicklungen, z. B. analogische Ausgleiche, nicht abgebildet werden. Eine Lautmaschine generiert also stets „ideale“ („idealkroatische“, „idealaltkirchenslavische“ etc.) Formen (die manchmal hypothetisch sind). Da es allerdings möglich ist, jedes Lautgesetz einzeln zu (de)aktivieren, kann durch Deaktivierung eines Lautgesetzes dessen Rückgängigmachung in der Lautmaschine simuliert werden, was u. U. zu einer realen – wenn auch nicht lautgesetzlichen – Form führt.
2. Programmoberfläche
Die Programmoberfläche einer jeden Lautmaschine besteht im Wesentlichen aus drei Bereichen, dem Bereich Ein- und Ausgabe, dem Bereich Lautwandel und Transformationen und dem Bereich Ableitereihe.
2.1. Der Bereich Ein- und Ausgabe
Dieser Bereich befindet sich im oberen Drittel des Bildschirms. Hier kann über ein Eingabefeld der Input über die Tastatur eingegeben werden.
2.1.1. Das Eingabefeld
In dieses Feld wird der Input über die Tastatur eingegeben.
Für spezielle Zeichen, die nicht (einfach) über die Tastatur eingegeben werden können (mit Diakritika versehene sowie prosodische Zeichen) stehen unterhalb des Eingabefeldes Eingabehilfen in Form von entsprechenden Schaltflächen zur Verfügung. Durch Anklicken dieser Schaltflächen wird das entsprechende Zeichen an der Cursorposition im Eingabefeld eingefügt. Die prosodischen Zeichen können auch zeitsparender über die Tastatur eingegeben werden: Die Taste [-] (Minus) generiert das Makron, die Tastenkombination [Shift] + [-] den Unterstrich und die Taste [.] (Punkt) den Hochpunkt. Die prosodischen Zeichen müssen stets nach dem Grundzeichen eingegeben werden. Die prosodischen Zeichen können natürlich auch kombiniert werden, beispielsweise bezeichnet ā̱˙ ein langes betontes akutiertes a.
Das Eingabefeld ist für Einzelwörter und kurze Syntagmen (Kombinationen aus orthotoniertem Wort + Klitikon) gedacht. Für längere Texte oder Wortlisten steht der Bereich Datei laden zur Verfügung.)
2.1.2. Eingabe der Bedeutung
Über ein zweites Eingabefeld kann die Bedeutung des urslavischen Wortes eingegeben werden. Sie erscheint sodann unten im Bereich Ableitereihe.
2.1.3. Nennlautung
Die traditionelle Form (Nennlautung) des urslavischen Inputs – sie wird im Hintergrund automatisch generiert – kann ein- oder ausgeblendet werden. Hierzu ist das entsprechende Kontrollkästchen im Ein-/Ausgabebereich zu (de)aktivieren. (Standardmäßig ist die Anzeige aktiviert.)
Ist das Kontrollkästchen Mit Dritter Palatalisierung aktiviert, wird die Nennlautung mit durchgeführter Dritter Palatalisierung angezeigt, ansonsten ohne Dritte Palatalisierung. Diese spezielle Behandlung der Dritten Palatalisierung schien aufgrund der Tatsache, dass dieser Wandel „unklaren Konditionen“ (Holzer 2020, 67) unterlag, gerechtfertigt und angebracht. So lassen sich Formen wie z. B. die Nennlautung #kъńidza (= Reallautung *kunjī̱˙gā˙) mit fälschlicherweise durchgeführter Dritter Palatalisierung vermeiden.
2.1.4. Output
Der Output wird sofort während des Eintippens in Echtzeit generiert und rechts neben dem Eingabefeld (eventuell getrennt durch die Nennlautung) angezeigt.
2.1.5. Input aus Datei
Das Eingabefeld eignet sich, wie erwähnt, nur für Einzelwörter. Will man mehrere Wörter in einem Schwung durch eine Lautmaschine schicken, kann man dies über den Bereich Datei laden bewerkstelligen. Dazu muss die Datei zunächst über die Schaltfäche Datei auswählen (Choose file) geladen werden. In der Zeile Datei enthält muss sodann eingestellt werden, ob es sich bei der Datei um eine Wortliste oder um Fließtext handelt. Je nachdem ändern sich die Outputoptionen. Schließlich wird die Lautmaschine über die Schaltfläche Lautmaschine mit Datei starten in Gang gesetzt. Der Output erscheint in einem neuen Fenster bzw. Browsertab.
Zum Format der Dateien. Hier ist folgendes zu beachten:
1. Nur Dateien im reinen Text-Format (plain text) können geladen werden!
2. Die prosodischen Zeichen müssen wie folgt kodiert werden: Makron = - (Minus-Zeichen), Unterstrich = _ (Unterstrich), Akut = #.
3. Für die Kombination prosodischer Zeichen gilt: Makron vor Unterstrich vor Akut, z. B. a-_# = ā̱˙
4. Handelt es sich um eine Wortliste, muss jedes Wort in einer eigenen Zeile stehen.
Musterdateien – eine Wortliste mit den Wörtern unter L aus Klotz 2017 und eine Textdatei mit dem Beginn der urslavischen Mythenerzählung „Der Kuckuck hat gerufen“ (Holzer 2020, 67) – können hier heruntergeladen werden: Musterdateien.zip
2.2. Der Bereich Lautwandel und Transformationen
Hier sind die Wandel (= Lautwandel und Transformationen), die vom Input zum jeweiligen Output führen, chronologisch aufgelistet. Unter Transformationen verstehen wir zusätzliche Umformungen, die keinem Lautwandel entsprechen, die zur korrekten Präsentation des Outputs aber notwendig sind. Sie erscheinen typischerweise am Ende der Liste und erledigen gewisse „Aufräumarbeiten“, beispielsweise die Überführung des Resultats in die zielsprachliche Orthographie oder (bei der urslavisch-kroatischen Lautmaschine) die Substitution des Holzerschen Notationssystems für die Prosodie durch die traditionelle (synthetische) Akzentnotation.
Die Wandel werden von der jeweiligen Lautmaschine der Reihe nach abgearbeitet. Sie können (1) über ein Kontrollkästchen einzeln aktiviert bzw. deaktiviert und (2) verschoben werden: Zum Verschieben muss auf den Text des Wandels geklickt werden, der sodann in halbfetter Schrift erscheint. (Dadurch wird angezeigt, dass er für den Verschiebevorgang ausgewählt ist.) Anschließend kann der Wandel über die Schaltflächen nach oben bzw. nach unten in die entsprechende Richtung in der Liste verschoben werden. Es können auch mehrere Wandel gleichzeitig ausgewählt und verschoben werden. Ein Klick auf einen ausgewählten Wandel wählt diesen wieder ab. Über die Schaltfläche Zurücksetzen werden alle Wandel in den Ausgangszustand (ursprüngliche Reihenfolge und aktiviert) gebracht. Durch die Möglichkeiten (1) und (2) kann man leicht feststellen, wie sich das Wirken / Nichtwirken des einen oder anderen Wandels bzw. eine geänderte Reihenfolge der Wandel auf den Output auswirkt.
Falls ein Wandel durchgeführt wurde, wird das Zwischenergebnis rechts daneben in roter Farbe angezeigt.
Zu Wandeln, deren Wirkung aus der Bezeichnung selbst nicht intuitiv hervorgeht, können Erklärungen durch Klicken auf das Fragezeichensymbol eingeblendet werden. Durch Klicken auf den Text der Erklärung wird dieser wieder ausgeblendet. (Diese Funktion wird von Safari für Mac leider nicht optimal unterstützt.)
2.3. Der Bereich Ableitereihe
Der Bereich Ableitereihe befindet sich im unteren Teil des Bildschirms. Hier wird der Weg vom Input zum Output mit allen Zwischenstufen sequentiell abgebildet. Zwischen den Zwischenstufen können die jeweiligen Lautwandel ein- oder ausgeblendet und als Nummern oder ausformuliert (oder beides) angezeigt werden. Die Ableitereihe kann beispielsweise zur weiteren Verwendung in ein Textverarbeitungsprogramm kopiert werden.
3. Zeichen
Die folgenden (prosodischen) Zeichen können bei der Anzeige der Zwischenergebnisse in den Bereichen Lautwandel und Transformationen und Ableitereihe erscheinen:
◌̱ (Unterstrich) = Betonung des darüber stehenden Vokals
◌̄ (Makron) = Länge des darunter stehenden Vokals
◌˙ (Hochpunkt) = Akut auf davor stehendem Vokal (oder als eigenes Segment nach davor stehendem Vokal zu interpretieren)
◌· (Punkt auf halber Zeilenhöhe) = Neoakut auf davor stehendem Vokal
◌. (Punkt auf der Zeile) = steigende Intonation auf davor stehendem Vokal
◌’ (Hochkomma) = Mouillierung des davor stehenden Konsonanten
◌̥ (Ring unterhalb) = Vokalisierung des darüber stehenden Sonanten (kommt nur unter r und l vor)
◌̣ (Punkt unterhalb) = Geschlossene Aussprache des darüber stehenden Vokals (kommt nur unter o und e vor)
◌̟ (Plus unterhalb) = starke Stellung (kommt nur unter ь und ъ in der russischen Lautmaschine vor)
◌̍ (senkrechter Strich oberhalb) = Betonung des darunter stehenden Vokals (ohne Intonation). (Bei der Wiedergabe der Schreibung des Outputs)
〈〉 Zwischen diesen Klammern wird die Schreibung des Outputs gemäß der sprachenspezifischen Orthographie angeführt, falls sie von der Lautung abweicht. Dies gilt nur für die modernen slavischen Sprachen. Orthographische Sonderregeln und Ausnahmen bleiben unberücksichtigt.
ı Unsilbisches i, das zusammen mit dem nachfolgenden Vokal einen Diphthong bildet (in der kroatischen Lautmaschine) oder Reduktionsstufe von a und e nach weichem Konsonanten (in der russischen Lautmaschine)
ɐ Erste Reduktionsstufe von o und a (in der russischen Lautmaschine)
ə Zweite Reduktionsstufe von o und a (in der russischen Lautmaschine)
4. Spezifisches zu einzelnen Lautmaschinen
4.1. Urslavisch-altkirchenslavische Lautmaschine
Bei der urslavisch-altkirchenslavischen Lautmaschine erfolgt der Output nicht nur in altslavischer Kyrilliza, sondern auch in wissenschaftlicher Transliteration. Als Quellen für die Lautwandel dienten Holzer 2007, 51-88 und Holzer 2020, 49-95. Für das Altkirchenslavische nicht relevante Wandel wurden weggelassen, anders wirkende Wandel an die altkirchenslavischen Gegebenheiten adaptiert.
4.2. Urslavisch-salonikislavische Lautmaschine
Diese Lautmaschine stimmt größtenteils mit der urslavisch-altkirchenslavischen überein, die speziell salonikislavischen Lautgesetze wurden nach Holzer 2006, 41-57 implementiert. Die Ausgabe erfolgt in wissenschaftlicher Transliteration und glagolitischer Schrift.
4.3. Urslavisch-slovenische Lautmaschine
Als Quelle für die Lautwandel diente Marka 2013, 30-73, Reihenfolge der Wandel nach Holzer 2011, 43-90 (Gesetz von Dybo vor Meilletscher Metatonie), teilweise aktualisiert nach Holzer 2020, 49-95. Außerdem wurde die Progressive Akzentverschiebung vor die Tilgung des alten Akuts verlagert. Die kleinen Nummern rechts der Wandel bezeichnen den entsprechenden Paragraphen in Marka 2013.
4.4. Urslavisch-kroatische Lautmaschine
Als Quelle für die Lautwandel diente Holzer 2007, 51-88, Reihenfolge der Wandel nach Holzer 2011, 43-90 (Gesetz von Dybo vor Meilletscher Metatonie, Wandel žr > ždr vor Anlautmetathese), teilweise aktualisiert nach Holzer 2020, 49-95. Die kleinen Nummern rechts der Wandel bezeichnen den entsprechenden Paragraphen in Holzer 2007.
4.5. Urslavisch-serbische Lautmaschine
Diese Lautmaschine weicht von der urslavisch-kroatischen in den folgenden Punkten ab: Jedes Jat wurde zu e (Ekavica) und die Ausgabe erfolgt in kyrillischer Schrift.
4.6. Urslavisch-bulgarische Lautmaschine
Als Quelle für die Lautwandel diente Häner 2017, 26-89, teilweise aktualisiert nach Holzer 2020, 49-95. Da die progessive Akzentverschiebung (§ 41) und die Akzentrückziehung (§ 42) nicht in Regeln fassbar sind, sind sie in dieser Lautmaschine nicht umgesetzt. Die kleinen Nummern rechts der Wandel bezeichnen den entsprechenden Paragraphen in Häner 2017.
4.7.Urslavisch-polnische Lautmaschine
Als Quelle für die Lautwandel diente Holzer 2009, 30-73, Reihenfolge der Wandel nach Holzer 2011, 43-90 (Gesetz von Dybo vor Meilletscher Metatonie), teilweise aktualisiert nach Holzer 2020, 49-95. Entwicklung der silbischen Liquiden nach Mazur 1993, 33-35. Die kleinen Nummern rechts der Wandel bezeichnen den entsprechenden Paragraphen in Holzer 2009.
4.8. Urslavisch-russische Lautmaschine
Als Quelle für die Lautwandel diente Wandl 2011, 30-117, teilweise aktualisiert nach Holzer 2020, 49-95.
Die Kortlandtsche Ersatzdehnung wurde als eigener Wandel nach dem j-Schwund angesetzt. Dasselbe gilt für den Wandel i, ī > j und u, ū > w nach der Akzentrektraktion bei Hiat. Dies deshalb, weil diese Wandel oftmals wieder rückgängig gemacht wurden, was nun durch Abwählen in der Lautmaschine simuliert werden kann.
Die kleinen Nummern rechts der Wandel bezeichnen den entsprechenden Paragraphen in Wandl 2011.
4.9. Reallautung-Nennlautung-Lautmaschine
Als Quelle für die Lautgesetze diente Holzer 2020, 49-95, Reihenfolge der Wandel nach Holzer 2011, 43-90.
4.10. Morphematik-Phonetik-Lautmaschine
Diese Lautmaschine bildet die von Georg Holzer in Holzer 2020, 133-154 vorgestellten 23 Transformationsregeln, die aus einer morphematischen „Tiefenstruktur“ eine phonetische „Oberflächenstruktur“ eines urslavischen Inputs erzeugen, programmatisch ab. Dadurch kann ein urslavischer morphematischer Ansatz auf einfache Weise auf seine Richtigkeit überprüft werden. Diese Lautmaschine weicht in folgenden Punkten von den unter 4.1. bis 4.9. dargestellten Lautmaschinen ab:
  • Über die Schaltfläche kann eine Palette eingeblendet werden, mit deren Hilfe die sogenannten „flüchtigen Segmente“ (s. Holzer 2020, 130ff.) per Mausklick in das Eingabefeld eingefügt werden können. Die Palette kann frei auf dem Bildschirm verschoben werden.
  • Für die folgenden flüchtigen Segmente bzw. Segmentteile gibt es spezielle Tastenkürzel:
    Segment(teil) Tastenkürzel
    | !
    ~ §
    Ɂ %
    ß
    ø 0
    ◌̀ #
    ◌́ '
    # und ' müssen (genauso wie - und _ für Makron und Unterstrich, s. 2.1.1.) immer nach dem Grundzeichen gedrückt werden. Um also beispielsweise das flüchtige Segment à zu generieren, drücken Sie zunächst a, dann #. Ein weiteres Beispiel: Um das komplexe flüchtige Segment ḕ̱˙ zu generieren, drücken Sie zunächst e, dann # (für den Gravis), dann - (für das Makron), dann _ (für den Unterstrich) und zum Schluss . (für den Akut).
    Mag die Eingabe über die Tastatur am Anfang auch kompliziert erscheinen, wenn man die Tastenkürzel erst einmal kennt, geht die Eingabe über die Tastatur um ein Vielfaches schneller als mit der Maus.
  • Ganz unten können die zu den slavischen Einzelsprachen bzw. zur Nennlautung führenden Lautmaschinen mit dem Output dieser Maschine gestartet werden.
5. Systemvoraussetzungen
Das Programm funktioniert mit jedem modernen Browser (z. B. Google Chrome, Microsoft Edge, Mozilla Firefox, Opera). Außer Edge sind alle Browser für die gängigen Plattformen Windows, Mac und Linux verfügbar. Der Internet Explorer wird nur teilweise unterstützt. (Die Eingabe der Sonderzeichen über die Schaltflächen funktioniert hier leider nicht.) Offizieller Nachfolger des Internet Explorers ist Microsoft Edge. Bei Safari für Mac werden die Hilfetexte nicht richtig dargestellt. Es empfiehlt sich in jedem Fall der Umstieg auf einen der oben erwähnten modernen Browser.
6. Über den Autor
Helmut Weinberger, Jahrgang 1964, ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Slawistik der Universität Innsbruck tätig.
7. Quellen